Lernhilfe: Vom Flüchtling zum Zahnmedizinischen Fachangestellten

Erfolgsgeschichte aus dem Bereich „ausbildungsbegleitende Hilfen“

Ein Lebensweg via WhatsApp. Als großes Dankeschön hatte Assem Nazemi* seinen bisherigen Weg an Sabine Kuhlmann, Medizinpädagogin bei den ausbildungsbegleitenden Hilfen (abH) von anderwerk, geschickt. Denn sie und ihre Kollegen bei anderwerk und dem Komm Projekt haben einen großen Betrag dazu geleistet, dass Assem heute als zahnmedizinischer Fachangestellter einen festen Arbeitsplatz und eine Wohnung in München gefunden hat. Er schreibt: „Ich bin sehr dankbar und habe Ihnen gegenüber große Respekt.“

Fluechtling abh Zahnarzthelfer

Mit erst 15 Jahren musste Assem Nazemi 2009 sein Heimatland Afghanistan verlassen. Die Flucht dauerte fast sechs Monate und führte ihn via Iran, Türkei und Griechenland schließlich nach Deutschland. Hier nahm sich das Jugendamt seiner an. Assem besuchte einen sechsmonatigen Deutschkurs. Schaffte trotz mangelnder Deutschkenntnisse den Qualifizierenden Hauptschulabschluss und bewarb sich auf einen Ausbildungsplatz als Zahnmedizinischer Fachangestellter.

Doch die Sprache bleibt während der Ausbildung ein Problem: Die Noten in der Berufsschule fallen schlecht aus. Die Die Sozialpädagogin der Berufsschule vermittelt ihn an die abH von anderwerk. Jeden Freitagnachmittag nach der Arbeit erhielt er dort fachliche Nachhilfe. „Die medizinischen Latein-Vokabeln musste er im Unterricht ja erst auf Deutsch übersetzen und dann nochmal in Dari, seine Muttersprache“, erklärt Sabine Kuhlmann. Und auch die Textaufgaben in Mathematik hatten ihm sprachliche Probleme bereitet. Und natürlich war ihm Sozialkunde oder das Management einer deutschen Arztpraxis fremd. Dankbar erinnert sich Nazemi an die abH-Zeit: „Bei anderwerk hatte ich Glück. Dort gab es hilfsbereite und liebenswürdige Menschen. Die haben mir von Herzen geholfen.“

Prüfung zum Zahnarzthelfer geschafft – Zimmer verloren

„Von Anfang an fiel er durch seinen Fleiß und seine Intelligenz auf“, erinnert sich Sabine Kuhlmann. „Was er hier gelernt hat, war aber nicht nur Fachwissen, sondern auch Fragen zu stellen. Oder Wünsche zu äußern.“ So traute er sich zunächst nicht, um Unterstützung für die fünftägige Prüfungsvorbereitung zu bitten, er empfand es als Betteln. „Diese Schüchternheit konnten wir durch Gespräche hier im vertrauten Rahmen abbauen.“

Die Abschlussprüfung zum Zahnmedizinischen Fachangestellten habe er dann 2014 auf Anhieb geschafft.  Er fand auch sofort eine Arbeitsstelle und konnte seinen ersten Arbeitsvertrag unterschreiben. Doch aufgrund seiner Volljährigkeit und seiner Selbstständigkeit musste er nun innerhalb von zwei Wochen sein Zimmer im Jugendwohnheim räumen. Sein Ausbilder in der Kieferorthopädischen Praxis zeigte sich sehr kulant und und unterstützte ihn spontan: Eines der Büros in der  Praxis wurde kurzfristig zur Schlafgelegenheit umgewandelt.

Nazemi besann sich auf die hilfsbereiten Personen seines bisherigen Weges und bat Sabine Kuhlmann um Hilfe. „Ich zeigte ihm, wie Immoscout und Co. funktionieren und schon nach einer Woche hatte er einen Termin zur Wohnungsbesichtigung“, so Kuhlmann. Dank ihres Einsatzes hatte er schon bald darauf den Mietvertrag. Für den Einzug sammelten Mitarbeiter der abH-Maßnahme, Kollegen und Freunde das Nötigste an Einrichtung.

Alles erreicht – Ausgang offen

Letzte Woche flog er nach über vier Jahren zum ersten Mal wieder zurück in seine Heimat, nach Afghanistan, um seine schwer kranke Mutter zu besuchen. Seinen Arbeitsvertrag, sowie den Mietvertrag hat er bei Frau Kuhlmann hinterlegt. Anschließend kam folgende WhatsApp-Nachricht bei Sabine Kuhlmann an: „Zum Glück jetzt habe ich in Deutschland eine Arbeit, eine Wohnung, Spaß, Freunde – das alles Dank Ihnen.“ Er hat versprochen, sich aus Afghanistan zu melden. Alle warten auf eine Nachricht.

*Name von der Redaktion geändert