BSSA Erfolgsstory: Reintegration ist möglich
Erfolgsgeschichte aus dem Bereich BSSA
Pünktlichkeit heißt nicht nur zu einer bestimmten Zeit irgendwo zu erscheinen. Sich an eine Zeit zu halten, die vorgegeben wird, heißt auch Grenzen zu akzeptieren und Regeln einzuhalten. Es signalisiert, dass man die Zeit anderer wertschätzt. Manuel kam meist gegen 9.30 Uhr oder 9.45 Uhr in die Berufsschule. Wenn er überhaupt kam. Bis Vincent Blaschke im Zuge des BV Flexi Programms Manuel einen Hausbesuch abstattete …
„Unser Projekt startete im Januar für die Schüler*innen, die bis dahin ihren Ausbildungsplatz verloren hatten“, erklärt Vincent Blaschke, Lehrer und Sozialpädagoge bei anderwerk. „Hier können sie zumindest ihrer Schulpflicht nachkommen, die 12 Jahre gilt, auch über das 18. Lebensjahr hinaus.“
Der Hausbesuch machte den Unterschied
Schon nach zwei Wochen erschien Manuel gar nicht mehr und reagierte nicht auf Anrufe. Vincent Blaschke fackelte nicht lange und stattete dem Eleven um 17 Uhr einen Hausbesuch ab. „Der Junge machte große Augen als er mich sah, weil er gerade losziehen wollte, um sich eine Schulunfähigkeitsbescheinung zu holen.“ Auch die Mutter reagierte erschrocken, weil sie bislang davon ausgegangen war, dass ihr Sohn regelmäßig die Schule besuchte. „Von da an kam Manuel jeden Tag, zwar zu spät, aber er kam und der erste Schritt war getan.“
Seine ursprüngliche Azubi-Stelle hatte er verloren, weil ihn die Arbeit als zahnärztliche Assistenz anekelte. Er wollte Menschen nicht so nahekommen. Dort gelandet war er aus Faulheit, denn er hatte weder den Quali geschafft, noch zahlreiche Bewerbungen geschrieben und schließlich genommen, was übrig geblieben war.
Es mangelt oft an Eigenverantwortung
Vincent Blaschke sagt: „Wir gehen Schritt für Schritt vor. Erst rufen wir an, dann folgt das Elterngespräch beziehungsweise der Hausbesuch.“ Manuels Eltern wollten, dass er weiterkommt und zeigten sich kooperativ. „Wir bitten die Eltern immer, das Bußgeld nicht zu übernehmen, damit die Kinder den pädagogischen Effekt spüren. Es geht nicht darum, Schulden anzuhäufen!“ Die Kinder könnten mit Sozialstunden im Kindergarten oder Altenheim die Summe abgelten, erklärt Vincent Blaschke. Wenn dies nicht fruchte beziehungsweise verweigert wird, bliebe am Ende der Jugendarrest. Doch das war bei Manuel nicht nötig, denn immerhin sorgte das zweite Gespräch mit dem Vater dafür, dass Manuel fortan pünktlich zum Unterricht erschien.
Nach etlichen Terminen bei möglichen Arbeitgebern wurde Manuel schließlich auch klar, dass seine Noten doch eine Rolle für die Zukunft spielen würden. Es hatte gedauert, bis er die Konsequenzen erfasste, doch langsam schien auch Manuel langsam zu verstehen, dass er sich ändern muss. Außerdem erzählte er, dass er seinem kleinen Bruder ein Vorbild sein wollte.
Reintegriert ins deutsche Ausbildungssystem
„Meine Arbeit bei BV Flexi sehe ich so, dass ich mit Humor Kommuniziere und so den Bildungsort Schule mit Unterhaltung verbinde“, erklärt Vincent Blaschke. „Konkret bedeutet das, dass ich versuche alle Schüler*innen wahrzunehmen und eine authentische Präsenz zu zeigen und jedem gerne zuzuhören.
Bei Manuel führte das dazu, dass er sich zwar für das Lernen und die Schule weiterhin kaum interessierte, aber am Ende doch eine tolle Entwicklung hinlegte: Erst kam er pünktlich und dann schrieb er intensiv Bewerbungen. Dank der großen Unterstützung dabei durch anderwerk und auch dank seiner natürlichen Begabung zur Kommunikation und seines Charmes fand er eine Ausbildungsstelle als kaufmännischer Angestellter in einem Handy-Shop. Vincent Blaschke sagt: „Er wäre ohne uns durch das System gerutscht. Wir haben ihn zwar schwer zu packen gekriegt, aber ihn jetzt doch bis in die Ausbildung gebracht. So wurde er reintegriert im deutschen Ausbildungssystem.“
*Name von der Redaktion geändert