BSSA Erfolgsstory: Dank BV Flexi zum Azubi

Erfolgsgeschichte aus dem Bereich BSSA

Viktoria* ging nicht gerne zur Schule. Aufgrund dieser vielen Fehltage hat sie nun auch beim anderwerk Projekt BV Flexi kein Zeugnis erhalten. Dennoch ist Viktorias Geschichte eine Erfolgsgeschichte. Der 12-jährigen Schulpflicht ist sie dank BV Flexi nachgekommen. Und beim Praktikum in der anderwerk Schreinerei erledigte sie bereits am ersten Tag das, was andere in drei Tagen schaffen. Und jetzt hat sie dort eine Ausbildungsstelle inne und kann sich beweisen.

Für sie ist BV Flexi die optimale Wahl

Die Jugendlichen sehen es oft nicht als Privileg, was sich ihnen bietet, doch anderwerk BV Flexi ist eine Chance, die 2023 neu geschaffen wurde: Der Ausbildungsplatz und der Ausbildungsvertrag sind weg, aber die Berufsschulpflicht besteht. Was tun? Mit BV Flexi geht es an der aktuellen Berufsschule einfach weiter! Felix Fertl, Koordinator der Angebote an Beruflichen Schulen, anderwerk sagt: „Immer mehr Jugendliche verlassen das System. Oft wird ihnen mangelnde Motivation unterstellt, aber es sind Einzelschicksale. Und hier beim BV Flexi zeigen wir ihnen einen Weg auf, den sie gehen können. Wir zeigen, dass es geht.“

Viktoria hat mit nur 13 Jahren ihren schwer kranken Vater verloren. Ihre Mutter ist daher voll berufstätig und Viktoria musste auf ihre zwei jüngeren Geschwister aufpassen. Seit dem Tod des Vaters wird sie von Verlust- und Versagensängsten geplagt. Trotz jahrelanger Therapie befindet sie sich seit ihrer Kindheit in einer Trauerspirale. Oft fühlte es sich für sie sicherer an, zu Hause zu bleiben, als in die Schule zu gehen. Doch die zahlreichen Fehltage konnten von der Berufsschule nicht mehr toleriert werden. An dieser Stelle ist BV Flexi von anderwerk die optimale Wahl.

Für meinen Traumberuf stehe ich auf

„Wir leisten immer mehr Erziehungsarbeit“, sagt Vincent Blaschke, Lehrer und Sozialpädagoge bei anderwerk. Er unterrichtet die Fächer „Alltagskompetenz“, das die Jugendlichen auf ein selbstständiges Leben vorbereiten soll, mit Versicherungen, Möbelkauf und möglichst gewaltfreier Kommunikation in Stresssituationen; „Medien“, das den Jugendlichen helfen soll Fake News zu erkennen und PR oder Werbung von Information zu unterscheiden sowie „Beruf“, in dem er den Jugendlichen hilft, Bewerbungen zu verfassen. Im Rahmen dieses Faches bot er Viktorias Klasse einen Besuch der Berufsmesse an (keiner kam), einen Besuch bei der Agentur für Arbeit (keiner kam) und half ihnen bei der Selbstreflexion: „Wofür bin ich bereit morgens aufzustehen“. Viktoria schrieb über ihren Traumberuf „Tierpflegerin“. „Das war ein Anfang“, sagt Vincent Blaschke. „Als sich herausstellte, dass in diesem Bereich nichts frei sein würde, haben wir weitere Interessen von Viktoria abgefragt. Einen Plan B zu haben, kann dann sehr entlastend sein.“ Sie probierte sich in Praktika als Zweiradmechanikerin, Modeschneiderin und Arbeit in der Küche aus. Die Schreinerei gefiel ihr dann besonders gut.

Ausbildung zur Schreinergesellin

Viktoria hat es sich selbst während des BV Flexi nicht leicht gemacht. Stets testet sie ihre Grenzen aus, sei es, indem sie Vincent Blaschke beleidigte oder durch schlichten Ungehorsam. Trotz allem machte sie bei BV Flexi eine positive Bildungserfahrung. Bei der digitalen Sozialraumerkundung gibt sie sich Mühe (sie filmt ihr Umfeld und macht sich Gedanken, warum dieser Raum wichtig für sie und andere ist), die Teamerfahrung „Hochseilgarten“ macht sie begeistert mit und kommt sogar pünktlich, ein zusätzliches Praktikum absolviert sie bei Edeka und im Einzelgespräch wird sie zusehends führ- und erreichbarer. Vincent Blaschke erinnert sich: „Sie machte immer besser mit, hatte aber weiter eine geringe Reflexionsfähigkeit. Bis zum Schluss fiel es ihr schwer, Muster aufzubrechen und Sachverhalte abstrakt zu betrachten. Feedback von außen erhält sie weiter rein familiär, denn Freundschaften hat sie in der Schule nicht geknüpft.“

Die Idee, in die Tierpflege zu gehen, musste sie aufgeben. Ein Hund spielte dennoch eine große Rolle in ihrer Entwicklung. „Unser Schulhund hat ihr emotionale Wärme vermittelte und trotz eines Klassenkonflikts saß sie dank des Hundes einigermaßen regelmäßig im Unterricht“, sagt Blaschke. „Sie wusste, er erwartet mich.“

Aufgrund der Geschichte, konnte Viktorias Mutter ihrem Kind zwar Wurzeln, wohl aber noch keine Flügel mitgeben, wie Vincent Blaschke es mit Goethe formuliert. „Die Flügel gaben wir ihr an die Hand.“ BV Flexi hat nun dazu beigetragen, dass die Schule eine Herausforderung sein kann, aber keine Bedrohung ist. Sie hat Orientierung gefunden. Jetzt liegt es an ihr, die Schreinerei erfolgreich als Gesellin abzuschließen. Sie hat gerade erst angefangen. anderwerk ist weiterhin für sie da. Wie den anderen Jugendlichen auch steht ihr anderwerk dabei gern weiterhin zur Seite. „Denn meine Tür schließt sich nicht, wenn das Schuljahr zu Ende geht. Mit den jungen Menschen im Herbst zu telefonieren und zu hören, wie sie in der Zwischenzeit gewachsen sind, verleiht diesem Projekt einen besonderen Sinn.“

*Name von der Redaktion geändert