Einer der Besten: Ziel Computerfachmann. Ergebnis Konditor.
Erfolgsgeschichte aus dem Bereich Berufsorientierung
„Ja, der Kemal* war schon einer unserer besten.“ So klingt einer wie Hermann Heinrich, wenn er wirklich ehrlich begeistert ist. Der anderwerk-Sozialpädagoge im Bereich Berufsorientierung arbeitet bereits seit acht Jahren bei anderwerk. In dieser Zeit begleitete er sicher mehr als als 150 Schüler*innen auf den ersten Schritten ins Berufsleben. Kemal war außergewöhnlich.
Mit 18 Jahren war Kemal zu anderwerk gekommen, zugewiesen vom Jobcenter. Bis dahin hatte er die Mittelschule geschafft. Zum Quali hatte es bis dahin nicht gereicht. Seine Legasthenie erschwerte ihm das Lernen. Außerdem war er nicht ausdauernd, leicht ablenkbar und brauchte für alles sehr viel Zeit. Wenn Kemal Hausaufgaben, Rechnen oder Abfragen nicht gelangen, reagierte er impulsiv. Er konnte sich weder seinen Tag eigenständig strukturieren noch eine Tätigkeit langfristig durchhalten.
anderwerk ist ein fehlerverzeiendes Unternehmen
Dennoch schickte er fünf Bewerbungen an verschiedene Computerfirmen. Denn eigentlich war er ja zielstrebig und wollte etwas erreichen.Doch überall erhielt er Absagen. Das Jobcenter half nun mit einer Zuweisung für eine Arbeitsgelegenheit in die Kantine der Jugendwerkstätten in der Gärtnerstraße. Sofort fiel er durch seine schnell Integration im Team auf. Hermann Heinrich erklärt: „Die Jungs und Mädels arbeiten hier in der Kantine vier Tage und besuchen einen Tag in der Woche die Schule. Die Aufgaben beziehungsweise Posten wechseln wochenweise durch. So dass jeder einen anderen Verantwortungsbereich kennenlernt: Das geht von Essensbestellung über Menüplanung und Einkauf bis zum Kochen selbst.“
In diesen sechs Monaten bei anderwerk lernte Kemal so Verantwortung zu übernehmen und auch mit direktem Feedback umzugehen. Mal positiv, mal durchaus auch kritisch. „Mal schmeckt es ausgezeichnet, mal gelingt es nicht so gut und es kam auch schon selten mal vor, dass wir Ersatz gekocht haben“, so Heinrich. Er ergänzt: „anderwerk ist ein fehlerverzeiendes Unternehmen. Nur so lernen die Jugendlichen mit den Rückmeldungen der Kunden umzugehen und dienstleistungsfreundlich zu bleiben oder werden.“ So traute er sich früher nicht, die Kunden direkt anzusprechen und heute ist das gar kein Problem mehr für ihn.
Erfolgserlebnisse sorgen für Motivation und Vertrauen
Der kochte sich übrigens mit türkischem Börek in das kulinarische Gedächtnis von Hermann Heinrich. Die Jugendlichen dürfen nämlich in der anderwerk-Kantine regelmäßig ihre Lieblingsrezepte mitbringen und für das Team der Gärtnerstraße zubereiten. Kemal glänzte mit dem Rezept der Blätterteigrollen. Erfolgserlebnisse wie diese stärken die Jugendlichen. Sie bauen Vertrauen in sich und ihr Umfeld auf, sind motiviert und schaffen so auch vorher Unmögliches.
Der beste Quali-Abschluss je
„Wir fördern und fordern, legen versteckte Talente frei und regen zu Offenheit und Ehrlichkeit an“, so Heinrich. Auch Kemal lernte, sich bei Problemen an seinen Sozialpädagogen Hermann Heinrich zu wenden. „Ich hörte ihm zu und gemeinsam fanden wir einen Weg. Von seiner ursprünglichen Vorstellung etwas mit Computern zu machen, konnte er sich trennen. Denn das war und ist ohne Realschule schwierig.“ Kemal besuchte die Anderschule, um den Quali zu erreichen. Parallel organisierte ihm anderwerk ein Praktikum bei einer Münchener Handwerks-Bäckerei, wo er seine Plan B in der Praxis ausprobieren konnte: Konditor.
Den Quali bestand er schließlich mit einem Durchschnitt von 2,8. Damit war er nicht nur einer der besten je bei anderwerk, sondern wird auch seine Ausbildung als Konditor im September starten. Teamarbeit, Sauberkeit, Disziplin und Ehrgeiz hat er nun im Gepäck. Eigentlich kann nichts mehr schief gehen. Und wenn er mal Sorgen hat, kann er sich jederzeit bei Hermann Heinrich melden. Soviel ist sicher.
*Name von der Redaktion geändert.