Brezn und Baklava in der Werkstatt

Erfolgsgeschichte aus der Kfz-Werkstatt

Schwer zu sagen, wer stolzer ist oder sich mehr freut: die Meister der anderwerk-Kfz-Werkstatt oder ihr ehemaliger Azubi Mohammed Mohsen, der endlich seinen Gesellenbrief als Kfz-Mechatroniker in den Händen hält – mit 43 Jahren.

Das Abitur hatte er bereits als 18-Jähriger bestanden und ein Jahr an der Universität studiert – beides in seinem Heimatland Jemen. Politisch verfolgt, floh er nach Deutschland, wo auch seine vier Kinder geboren wurden.

Nach einem Hilfsjob als Handyverkäufer arbeitete M. Mohsen von 2020 bis 2022 in einer AGH-Stelle, bis sein Asylverfahren schließlich anerkannt war. Weil er bereits Erfahrung im Kfz-Bereich gesammelt hatte, war das Ziel des Jobcenters, dass er möglichst schnell eine Ausbildung abschließt.

Die schwer deutsche Sprache

Burkhard Denninger, betreuender Sozialpädagoge bei anderwerk, erzählt:
„Herr Mohsen war schon vor der Ausbildung technisch sehr interessiert. Seine größte Herausforderung war jedoch die deutsche Sprache – denn Umgangssprache ist das eine, aber die Fachbegriffe der Ausbildung sind das andere. In diesem Fall hat der ABH-Unterricht für Menschen mit Migrationshintergrund sehr geholfen, denn er tat sich am Anfang wirklich schwer.“

Burkhard Denninger und die beiden Kfz-Meister Michael Deimel und Roland Lummer sind stolz auf ihren Azubi.
„Er hat sich wirklich durchgebissen“, berichtet Michael Deimel. „Die Situation hat ihn sichtlich belastet: Einerseits wohnte die Familie sehr beengt, dann waren sie auch finanziell stark eingeschränkt, und der Schulalltag war zusätzlich sehr stressig.“

Scheitern in der ersten Gesellenprüfung

Jeden Freitag übten die beiden Meister abwechselnd mit ihrem Azubi Fahrwerkstechnik. Zwar hatte das Jobcenter vor Ausbildungsbeginn die üblichen berufspsychologischen Tests mit Mohammed Mohsen durchgeführt, doch können solche Tests kaum vorhersagen, wie sich der Lernalltag für einen Erwachsenen tatsächlich anfühlt.

Parallel zur Berufsschule absolvierte er den Führerschein – für einen Kfz-Mechatroniker quasi Pflicht. Doch bei der Gesellenprüfung scheiterte er zunächst im ersten Versuch.

Die Gründe waren vielfältig. „Er hat den Aufwand zunächst deutlich unterschätzt – und auch sein Können“, sagt Deimel rückblickend. „Außerdem war die Belastung immens: Seine vier Kinder sind zwischen sechs und 13 Jahren alt, eines davon körperlich eingeschränkt. Arzttermine, Betreuung, Schule – das alles musste koordiniert werden. Die Belastung machte aber auch ihn krank; er litt zeitweise unter starken Magenschmerzen. All das führte dazu, dass Herr Mohsen hin und wieder in der Arbeit oder der Schule fehlte und den Stoff jedes Mal nachholen musste.“

„Aber wir haben ihn probieren lassen und ihn unterstützt“, ergänzt Deimel. „Oder, wie wir sagen: Wenn das Ei klüger ist als die Henne, dann probieren wir’s aus.

Berufsschullehrer gratulieren

Mit Erfolg: Im zweiten Anlauf überwand Mohammed A. Mohsen alle Hürden – die verkürzte Lehrzeit, die Sprache, die ungewohnten Strukturen und die hohen Anforderungen. Im Sommer 2025 gratulierten die anderwerk-Kfz-Meister ihrem ersten Umschüler seit vier Jahren zum Gesellenbrief. Zur Feier gab es Brezn und Baklava.

„Die Lehrer der Berufsschule haben bei uns angerufen und gratuliert. Da hat wirklich jeder viel Einsatz gezeigt“, freut sich Michael Deimel.
Und Burkhard Denninger ergänzt: „Er hat wirklich Biss gezeigt und wollte in Deutschland beruflich Fuß fassen und seine Familie finanzieren. Lange sah es kritisch aus – darum waren wir alle sehr erleichtert.“

Jetzt wird Mohammed A. Mohsen in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt.
Zumindest bei anderwerk ist das ein echtes Happy End.