Prävention beginnt vor der Sucht
Aktivitäten im Bereich „U-Turn“
Der 15-jährige Toni saß auf dem Boden und sah den anderen beim Klettern zu. Er weigerte sich mitzumachen. „Nicht mögen, heißt oft, sich nicht trauen“, erklärt Henry Ileka, Projektleiter von U-Turn, dem anderwerk-Projekt zur Suchtprävention. Er schildert, wie der Jugendliche erst dann klettern wollte, als er versprochen hatte, ihn persönlich zu sichern.
„Das Vertrauen des Jugendlichen in sich und die Welt war sehr gering. Aber als er dann oben war, rief er stolz ‚Ich hätte nie gedacht, dass ich so hoch komme.'“ Diese kleinen Erlebnisse seien es, die zählten, so Ileka. Die Jugendlichen zu begeistern und sie darin zu stärken, an sich zu glauben, sei, was U-Turn unter anderem mit seinen Aktionen, Projekten und erlebnispädagogischen Unternehmungen zur Suchtprävention erreichen wolle.
Sucht: Es zählt nicht, was konsumiert wird, sondern warum!
Es gehe stets um Suchtprävention. Dabei sei es wichtig, betont Henry Ileka, dass die Prävention früh genug beginne und nicht erst, wenn die Leistung abfalle. Ziel sei für die Jugendlichen ausgeglichen zu sein, zu werden oder zu bleiben, so dass es gar nicht erst zu Suchtverhalten komme. Denn, egal welches Suchtmittel – Sucht bleibe Sucht, mit unterschiedlich schweren Folgen. Grund für das Suchtverhalten Jugendlicher sei, laut Ileka, oft Stress, also die Schwierigkeit, Herausforderungen und negative Erlebnisse zu verarbeiten.
Die gemeinsamen Aktivitäten dienten dazu, dass die Jugendlichen lernten, mit dem Stress umzugehen und konstruktive Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Ileka erklärt: „Für uns ist es sehr wichtig, die Jugendlichen in einer neuen Umgebung zu erleben. Hier können wir oft besser Ursachen und Gründe für ihr Handeln verstehen. „Was ruft ihren Stress hervor? Wollen sie zum Beispiel andere unterstützen und vergessen dabei sich selbst? Oder halten sie keine Meinungsverschiedenheiten aus?“
Suchtursachen: Aktivität zur Stressreduktion
Verschiedenste gemeinsame Aktivitäten und Teambuilding-Maßnahmen geben den Teilnehmenden ihr Selbstbewusstsein zurück. Sie powern sich bei Sport wie Tischtennis, Klettern, Bouldern oder Schlittenfahren aus und spüren, wie sie schneller, stärker und geschickter werden. Bei vielen Aktivitäten steht das Erfolgserlebnis am Ende. So werden sie in den Bergen trittsicherer und denken beim Klettern frühzeitig über den nächsten Schritt nach.
Alle diese erlebnispädagogischen Ausflüge oder Events sind möglichst nah an der Lebenswelt der Jugendlichen dran. Henry Ileka erklärt: „So können die Jugendlichen diese Aktivitäten in ihrer Freizeit wiederholen. Wir fahren darum mit dem Zug in die Berge, nehmen die S-Bahn an den See und lassen die Jugendlichen auch planen: Was sollte man mitnehmen? Wieviel Verpflegung werden wir brauchen? Wie liest man eine Karte?“
Auf diese Weise sähen die Jugendlichen, was man mit seiner Zeit anfangen könne ohne viel Equipment und relativ günstig.
Weg vom Reden hin zum Erleben
Selbstverständlich achten die Betreuer bei anderwerk auch darauf, die Seminare oder Ausflüge auf die Erfahrungen der Jugendlichen abzustimmen. „Wir würden zum Beispiel mit jungen Bootsflüchtlingen erst mal nicht Raften gehen, sondern mit ihnen gemeinsam über einen Schwimmkurs reden“, so Ileka. Grundsätzlich wechselten die Aktionen ab, je nachdem was greife: Ist es das Gleichgewicht und die Ruhe beim Slacklinen? Die Konzentration und die Kombination beim Geocaching oder entwickeln die Teilnehmenden ein sehr großes Medieninteresse bei einem Filmprojekt.
In den letzten Jahren haben sich aufgrund der positiven Erfahrungen die Projekte der Suchtprävention weg vom Reden, hin zum Handeln bewegt. Ein Jugendlicher verabschiedete sich nach seiner Ausbildung bei Henry lleka und wünschte den Neuen, dass sie genau so viel Spaß haben werden, wie er hatte. „Er war als Azubi zwei Jahre bei uns und hat mich selten an seinen positiven Emotionen teilhaben lassen. Darum habe ich mich über diese Wünsche dann besonders gefreut.“