Es läuft einfach gut

Die ewige Suche nach dem Haken muss nicht sein: Bei Rami Mikdad Khalil läuft es einfach: Mit 15 nach Deutschland gekommen, mit sehr geringen Deutschkenntnissen. Integrationskurs bei anderwerk – check. Deutschkurs bis B2 – check. Mittelschulabschluss – check. Zwei Praktika – check. Angemeldet für C1 – check. An der Anita-Augspurg-Realschule angemeldet – check. Plan: Ausbildung zum Versicherungskaufmann bei der Allianz.

Seine Lehrerin bei anderwerk, Birgit Seebacher, sagt über Rami: „Er war der Jüngste und Schüchternste in meinem Kurs und schneller als Rami kann man eigentlich nicht vorankommen“. Diese Schnelligkeit in Sachen Integration und Bildung verdankt er zum einen seinem Fleiß: „Er wollte immer viel wissen, war diszipliniert und hat immer alle Übungen gemacht“, erinnert sich Birgit Seebacher. Lachend fügt sie an: „Wenn dann doch mal ein Test nicht so gut war, haben wir zwei beschlossen, dass sein Vater den Test nicht zu sehen bekommt, denn der ist wohl sehr streng.“

Zum anderen schafft Rami alles so gut, weil er eine relativ gute Ausgangsposition hatte: Seine Eltern konnten ihn schon in Syrien auf eine Privatschule schicken, wo er Französisch und Englisch lernte. Der Vater handelt bis heute mit Baumaschinen und LKW-Teilen. Während des Krieges zog die Familie in einen laut Rami ruhigeren Teil Syriens. Seinen Vater sah er zwar regelmäßig, doch war dieser ständig auf Geschäftsreisen, unter anderem nach Deutschland, wo sich Ramis Opa und Onkel bereits etabliert hatten.

Rami, der in Syrien geboren wurde, zog schließlich im Alter von 15 Jahren zusammen mit seinem Vater und seiner Mutter nach Deutschland. Auch das problemlos, weil sein Opa bereits seit 1956 in München lebte. Alle seine Cousins sind mittlerweile hier geboren. Sein Cousin ist auch heute noch sein bester Freund, was unter anderem daran liegt, dass er mit ihm schon das ein oder andere Abenteuer auf der Motocross-Strecke erlebt hat. Damals war er in den syrischen Schulferien für drei Monate nach München gekommen. Nach dem Umzug der Familie nach München vor drei Jahren hat er dann eine Handvoll Jungs kennengelernt. „Und diese Freunde habe ich immer noch“, sagt Rami. Und fügt ein bisschen stolz hinzu: „Darunter sind auch einige, die Deutsch als Muttersprache haben.“  

Warum es für ihn so gut läuft, erklärt Rami selbst so: „Wenn du ein anderes Land wirklich magst, so wie ich Deutschland, dann kannst du alles lernen.“ In seinem ersten Deutschkurs war Rami allein unter Frauen. „Alle älter als Rami“, erinnert sich Birgit Seebacher. „Die haben wohl so etwas wie Muttergefühle entwickelt, denn sie haben ihm immer Ratschläge gegeben“, sagt Seebacher. „Oh wie oft habe ich den Finger erhoben und gesagt: ‚Lasst den Rami in Ruhe‘, wenn er keinen Ramadan machen will, dann muss er nicht“, erzählt Seebacher weiter über ihren Schützling.

Aus dem schüchternen Jungen ist mittlerweile ein selbstbewusster junger Mann geworden, der in seiner Freizeit mit dem Mountainbike durch die Stadt kurvt. Auf anderwerk angesprochen schwärmt er: „Als ich nach Deutschland kam, fühlte sich anderwerk für mich an wie ein zweites Wohnzimmer.“ Hier will er jetzt auch seinen C1-Kurs absolvieren.

Den Kontakt zu seinen Freunden in der alten Heimat Syrien hält er über Whatsapp. Und wenn sich die syrische Wirtschaft erholt, dann würde er gerne zurückkehren. Zu den alten Freunden. Dann würde er zu den neuen weiter Kontakt halten und hin und herreisen. Wie früher sein Großvater und sein Vater.