Wir lachen und lernen

Erfolgsgeschichte Deutschkurse

„Ich habe in die Berge gemacht“, sagte einmal eine Kursteilnehmerin über ihr Wochenende. Die Atmosphäre in den Deutsch- und Integrationskursen von anderwerk ist zwar persönlich, doch wollte diese Schülerin sicher etwas anderes erzählen. Birgit Seebacher, Lehrerin bei anderwerk, korrigiert lachend, aber nicht auslachen. „Ich habe ihr damals erklärt, was sie gerade gesagt hat“, so Seebacher, „und sie hat mit mir über ihren lustigen Deutschversprecher gelacht.“ Eine gelöste Stimmung sei die Basis für eine gute Lernatmosphäre. Birgit Seebacher erklärt: „Die erwachsenen Schüler*innen vertrauen sich mir an, das ist mal lustig, mal schön und ab und an auch traurig.

Lehrerin ist sie geworden, weil sie selbst bei einem Sprachkurs an der Sorbonne in Frankreich erlebt hat, wie viel Spaß es machen kann, mit Menschen aus verschiedenen Nationen zu lernen. „Vor allem, wenn die Atmosphäre stimmt. Das möchte ich in jedem Kurs erreichen“, sagt Birgit Seebacher.

Zu Beginn hat der Kurs keine gemeinsame Sprache. „Oft sind es verbindende Ereignisse wie die Freude über die Schwangerschaft einer Kursteilnehmerin, die den Kurs zusammenführen“, so Seebacher. Das sei kulturübergreifend, ergänzt sie. Aus Erfahrung weiß sie: Je vertrauter die Teilnehmenden sind, desto leichter fällt das Erlernen der deutschen Kultur und Sprache. Denn die Unsicherheit, sich zurechtzufinden, ist groß, das merke sie besonders bei den Frauen, die ihre Vormittagskurse besuchen. Im Kurs lernen die Frauen dann zum Beispiel, sich im U-Bahn-Netz zurechtzufinden.

Deutsch als Voraussetzung für einen Beruf

„Wir fangen an mit ‚Guten Tag, ich heiße XY‘, und damit wir uns nach einem halben Jahr über Kultur und Träume unterhalten können, ist mein Geheimrezept der Minijob“, sagt Birgit Seebacher. Ob beim Bäcker oder im Supermarkt, die praktische Anwendung der Sprache wirke Wunder. Die Lehrerin erklärt: „Oft meiden die Teilnehmenden Situationen, in denen sie nicht verstanden werden. Beim Minijob lernen sie, damit umzugehen.“

Und dann käme in München noch der bayerische Dialekt dazu. Brigit Seebacher erzählt lachend: „Den Ausruf ,Oh, dieses Bayerisch‘ höre ich in jedem Kurs“, denn natürlich haben die Teilnehmenden im Kurs viele Begriffe ganz anders gelernt. „Wir üben oft die Artikel und die sind im Bayerischen ganz ja anders, da heißt es auf einmal „der Butter“ und „das Teller“. Zu den beruflichen Zielen ihrer Schüler*innen befragt, berichtet die erfahrene Deutschlehrerin: „Für handwerkliche Berufe ist die IHK-Prüfung eine große Hürde“. Diese sei für Muttersprachler konzipiert, weshalb sie ihren Schützlingen dazu rät, dafür das Niveau B2 zu erreichen. Ganz Fleißige könnten das in einem Jahr schaffen.

Bei Akademikern sei der Frust oft sehr groß, wenn es um Berufswünsche geht, „gerade Juristen und Lehrer haben es sehr schwer, weil sie sehr länderspezifische Kenntnisse oder eine fachgebundene Ausbildung haben“, so Seebacher. Einfacher sei es für Ärzte, deren Ausbildung bessere Chancen auf Anerkennung habe.

Die einen lernen ernst, die anderen lachen über sich

Je nach Katastrophen und Krisen in der Welt verschiebt sich der Anteil der Menschen aus bestimmten Regionen in den Deutsch- und Integrationskursen. Dabei fällt es Teilnehmenden mit Vorkenntnissen in indogermanischen Sprachen leichter, Deutsch zu lernen. Zudem führen interkulturelle Unterschiede auch zu unterschiedlichen Lehrmethoden innerhalb einer Gruppe. Birgit Seebacher sagt: „Teilnehmende aus ehemals sozialistischen Staaten lernen sehr gerne nach Tabellen und die bekommen sie dann auch von mir“. Außerdem hat Birgit Seebacher bei ihren Kursteilnehmenden die Erfahrung gemacht, dass zum Beispiel Ukrainer etwas leichter lernen. Das mag daran liegen, dass sie zum Teil bereits eine akademische Ausbildung hinter sich haben. Sie nähmen die Sprachkurse durchschnittlich sehr ernst. „Dafür hatte ich in meinem letzten Kurs eine Nigerianerin, die über ihre Fehler herzlich lachen konnte und so immer für gute Stimmung im Kurs sorgte“

Gelacht werde auch über deutsche Sitten und Gebräuche: „Dass wir Deutsche Hunde und Katzen in der Wohnung halten, ist für manche Kulturen schon fremd. Dass die Tiere mit ins Bett dürfen, wird von vielen nur noch kopfschüttelnd zur Kenntnis genommen.“

Grundsätzlich lernen die Teilnehmenden auch dadurch, dass sie auf Deutsch von ihrer Kultur erzählen. Aus dem Alltag berichtet Birgit Seebacher: „Und nachdem wir von Hochzeitstänzen mit Säbeln aus Afghanistan gehört hatten, zeigte ich der Klasse einen youtube-Film mit Schuhplattlern.“ Und sie fährt fort: „Ein Highlight und Lacherfolg waren die langen Unterhosen unter den Dirndln“

Spielerisch deutsch lernen

Birgit Seebacher unterrichtet leidenschaftlich gerne und freut sich über die Veränderungen, die die Jahre mit sich gebracht haben: „Als ich hier angefangen habe, arbeiteten wir noch mit Buch und CD-Player, heute sind wir komplett digital und interaktiv.“ Sie schwärmt: „In jedem Raum nutzen wir den vorhandenen Beamer, besprechen Videos, teilen Deutschlernspiele über das Smartphone und ich empfehle die Huber-App, passend zu unserem Lehrwerk und das VHS-Lernportal.“ Das sei kostenlos, fügt sie lächelnd hinzu.

Generell mag sie das spielerische Lernen mit Würfel- und Sprachspielen. „Was man mit zusammengesetzten Wörtern alles machen kann“, so Birgit Seebacher. „Ich sage nur ‚Donaudampfschifffahrtsgesellschaft’.“ Das Wort fiel, als die Lehrerin nach Wochenendaktivitäten gefragt hatte. „Ein Schüler erzählte mit ernster Miene, dass er in der Nachbarin gewesen sei“, und ich erklärte ihm vorsichtig, was er der Klasse eigentlich sagen wollte. Und so endete auch diese Stunde sehr fröhlich. Damit hat Birgit Seebacher ihr Ziel erreicht: Menschen aus verschiedenen Kulturen lernen gemeinsam und in jeder Stunde wird fröhlich gelacht.