Mit Fleiß und Freundlichkeit: Zwischenprüfung, Schulabschluss und weiter

Erfolgsgeschichte aus dem Bereich „Raumausstatter“

Danyal kam wohl über die Berge. Genau weiß es keiner – außer ihm. Sobald das Thema auf die Flucht des jungen Afghanen kommt, schießen ihm Tränen in die Augen. Christian Bäuerle, Werkstattleiter der Raumausstattung bei anderwerk erzählt: „Als Danyal mit 18 Jahren zu uns kam und die Ausbildung begann, war er oft sehr traurig, weinte und war am Boden zerstört. Er konnte kaum Deutsch.“

Und nach einer kurzen Pause fügt Christian Bäuerle an: „Und verstand mich und mein Bayrisch auch nicht immer. ‚Ram ma zam‘ klang für ihn wie Hokuspokus.“ Und auch seine Latein-Schriftsprache sei mangelhaft gewesen. Der Wille zu Lernen aber von Anfang an beeindruckend.

 

Raumausstatter

Danyal wohnte damals seit drei Jahren im Betreuten Wohnen in München. In seiner Heimat hatte er davon geträumt, Arzt zu werden. Dieser Traum war nun erstmal in weite Ferne gerückt. Aber dank anderwerk stehen ihm nun viele Chancen offen.

Hier absolviert er gemeinsam mit sechs weiteren Jugendlichen die Ausbildung zum Raumausstatter: „Die Lernfähigkeit des jungen Mannes ist so groß“, so Bäuerle, „dass wir alle hier bei anderwerk begeistert sind“. Er und seine Kollegin aus dem Bereich der Sozialpädagogen hatten Danyals Potential früh erkannt und sich sehr engagiert, um Danyal zu fördern.

Und auch die Mitschüler und Freunde halfen mit, erklärten und übersetzten, so dass Danyal dank einiger Deutschkurse und privater Förderung schnell Deutsch lernte und in der Raumausstatter-Ausbildung und der anderschule sehr gut mitkommt. „Durch seinen Fleiß und seine Begeisterung für die Sache, steche er laut Bäuerle oft hervor: „Das ist dem Danyal sehr unangenehm. Aber ich sage ihm dann ‚Danyal, Du kannst das und dafür musst Du Dich nicht verstecken‘.“

Unsere Aufgabe: Erklären, auf Nachfragen reagieren und bestärken

Nicht ohne Stolz berichtet Christian Bäuerle von Danyals erfolgreicher Zwischenprüfung, die er 2016 sowohl praktisch als auch theoretisch mit einer guten drei geschafft hatte. „Das ist eine super Leistung, wenn man bedenkt, dass er dafür zahlreiche Fachbegriffe lernen und anwenden musste.“ Und laut Bäuerle in der Ausbildung stets Nachfragen vermied: „Seine Schüchternheit ist der größte Hemmschuh für den Jungen“, erklärt der Anleiter. So nehme der junge Mann Stiftungsgeld, dass ihm für Essen oder Schuhe zur Verfügung gestellt würde, nicht an. Stattdessen spüle er nach dem regulären Arbeitstag bei anderwerk noch von 18 bis 22 Uhr in einem Restaurant. Dreiviertel seines Lohnes müsse er monatlich für Logis abgeben. 60 Euro blieben ihm für Essen und Freizeit.

Im nächsten Jahr steht die Gesellenprüfung zum Raumausstatter an. Christian Bäuerle hat volles Vertrauen, dass Danyal auch diese Prüfung bestehen wird. Egal, ob es nun Bodenlegen oder Tapezieren ist, auftrennen oder zuschneiden, Danyal zeige sehr großes Geschick. Und auch im Umgang mit den Kunden klappe es wunderbar. „Mancher Kunde fragt mich extra nach dem ausgesprochen freundlichen und fleißigen Azubi“, wenn Danyal mal nicht dabei sein kann bei einem Termin.

Wir trösten, hören zu und sind ab und an sehr stolz auf unsere Azubis

Soweit ist Dayal in alle Abläufe der Raumausstatter integriert, nur bei einem erlebnispädagogischen Ausflug in die Berge konnte er nicht teilnehmen. Die Berge. Zu viel Erinnerung an seine Flucht und die Zeit davor in Afghanistan, als sein Onkel vor seinen Augen erschossen worden war. Er alleine floh. Ohne Angehörige im fremden Land ankam.
„Ich weiß nicht, ob ich das mit den Bergen schaffe“, hatte er damals zu Henry Ileka, Projektleiter bei anderwerk, und Christian Bäuerle gesagt. Beim nächsten Ausflug, Rafting, war er dann dabei.

Danyal möchte im nächsten Jahr einen guten Abschluss machen und nach der Mittleren Reife einen Beruf lernen, in dem er Menschen helfen kann. „Was ich bei Euch alles gelernt habe, ist so viel“, hatte er sich erst neulich gegenüber des anderwerk-Teams dankbar geäußert. Sogar Bayerisch hat der heute 20-Jährige nun parat: Als Christian Bäuerle am Ende des Tages in den Raum ruft: Danyal, was sagn ma zu Schluss? Antwortet dieser sofort: „Zam Rama!“

*Name von der Redaktion geändert