Mit hoher Selbstverantwortung: Schulabschluss, Gesellenbrief zur Schreinerin und Fachakademie

Erfolgsgeschichte aus dem Bereich „Schreinerei“

Weiterlernen. Und das freiwillig. Ihre Eltern hatten ihr das nie zugetraut und unterstützen die 28-Jährige heute stolz. Finanziell. Zur Ausstellung der Schreiner-Gesellenstücke waren sie nicht gekommen. Zu viel war vorgefallen die letzten 25 Jahre.

Una* hatte sehr strenge Eltern. Sie züchtigten das Mädchen, wenn es nicht in ihrem Sinne handelte sowohl physisch als auch psychisch. War sie wieder einmal zu langsam, kassierte sie eine Ohrfeige. Hatte sie eine schlechte Note, schrie ihr Vater sie an. Eine weiter Maßnahme der Eltern, um das Mädchen nach ihrem Sinne zu formen, war Hausarrest. Was dazu führte, dass Una bis zu ihrem 16. Lebensjahr die heimische Mietwohnung nur zu Schulzeiten verließ.

Erfolgsgeschichte schreinerei

Doch auch die Schule war sozial eine große Herausforderung: Una war oft langsam, wehrte sich nicht gegen Hänseleien und wurde so zum leichten Mobbing-Opfer. Mit 17 Jahren lernte sie ihren Freund kennen, doch auch die Beziehung führte nicht zum Happy End. Im Gegenteil, sie litt psychisch so stark unter der schlechten Behandlung, dass sie nach zwei Jahren einen Suizid-Versuch unternahm. Nach dem Krankenhausaufenthalt griff der Überlebenswille. Sie kontaktierte ihre Schwester, die mittlerweile in München wohnte, wies sich selbst in der Psychiatrie in Haar ein und fand anschließend einen Platz in einer therapeutischen WG und startete ihre Ausbildung als Schreinerin bei anderwerk.

Studium an der Fachakademie

Natalie Stetter, Sozialpädagogin bei anderwerk erinnert sich an die Anfangszeit von Una: „Früher schwieg sie, wenn sie nicht mehr weiter wusste. Kaute auf ihren Piercings und zog sich zurück. Heute schafft sie es, zu fragen. Ich habe sie als Einzelgängerin erlebt, aber sie hat gelernt, soziale Kontakte zu knüpfen und sich mitzuteilen.“ Die Gesellenprüfung zur Schreinerin hat Una als einzige der anderwerk-Azubis auf Anhieb geschafft. Sowohl praktisch als auch theoretisch. Dadurch steht ihr nun der Weg zu ihrem Traumberuf offen: Ausbildung zur Restauratorin.

„Una hat eine erstaunlich ausgeprägte Selbstverantwortung“, so Stetter. „und weiß, was sie kann, ist detailverliebt und künstlerisch begabt.“ Durch den sehr guten Schulabschluss hat sie nun die Mittlere Reife erlangt. Und gemeinsam mit der Sozialpädagogin hat die Aufnahme in einer staatlich anerkannten Fachakademie für Restauratorenausbildung geklappt.

Dank anderwerk entwickelte sie Stolz, Selbstvertrauen und Ehrgeiz

„Mithilfe von anderwerk hat sie es geschafft“, erklärt Natalie Stetter: „Wir passen uns in den Erklärungen und dem Tempo den Schülern an.“ Una habe am Anfang sehr langsam gearbeitet und sei  auch aufgrund ihrer Depression für vier bis fünf Wochen ausgefallen. Im Laufe der Ausbildung habe die Therapie gegriffen, die Medikament seien mittlerweile gut aus sie abgestimmt und die Ausfallzeiten seien gering. Und auch das Selbstbewusstsein der jungen Frau sei heute gestärkt. „Sie hat bei uns Produkte fertiggestellt und bei erlebnispädagogischen Fahrten in die Berge bewiesen, dass sie Ziele erreichen kann. Das wirkte sich anschließend auf ihren Ehrgeiz aus.“

Wenn Una also heute etwas erreichen will, dann kommt sie pünktlich und muss von den Anleitern an Pausen erinnert werden. Ihre Begeisterung für die Ausbildung bei anderwerk ist so groß, dass sie gerne ehrenamtlich in der Schreinerei arbeiten würde und die Anfänger unterstützten.  

Unas Eltern haben sich ebenfalls entwickelt und sind den weiten Weg von Hannover nach München gekommen. Ins Rathaus, zur Verleihung des Gesellenzeugnisses an Una. Und waren sehr stolz auf ihr kleines, erwachsenes toughes Mädchen.

*Name von der Redaktion geändert