Deutschkurse: Respekt für alle Teilnehmenden an den Deutschkursen

Deutsch- und Integrationskurse bei anderwerk

Einige wissen nicht, wie sie einen Stift halten sollen, andere sind so traumatisiert, dass sie nicht lernfähig sind. Zweimal wollte sich ein Teilnehmer aus dem Bürofenster von Nina Opitz stürzen, weil er Angst vor der Ausweisung aus Deutschland hatte. Und dann sind da Jungen wie Haias*, der innerhalb von nur drei Monaten die Alphabetisierung schaffte. Glück und Leid, Schul-, und Kriegserfahrung – sitzen in den Deutsch- und Integratiosnkursen von anderwerk nebeneinander.  

Deutschkurse

Nina Opitz, Leitung der Kurse bei anderwerk, lernt alle Teilnehmenden persönlich kennen und ist mit allen Lehrenden in ständigem Austausch. Sie sagt: „Migranten haben meist weniger Schwierigkeiten als Flüchtlinge, deren Voraussetzungen ganz andere sind.“ Der 15-jährige Iraker Haias* dagegen hat es so schnell geschafft wie nur wenige.  Nina Opitz erinnert sich: „Er war sehr intelligent und im Gegensatz zu seinem Vater sprachlich sehr wendig. Es machte große Freude mitzuerleben, wie schnell er sich die deutsche Sprache aneignete.“ Direkt nach dem Sprachkurs wechselte er in die Regelschule und schaffte dort seinen Abschluss!

Großes Engagement der Lehrenden und Lernenden

Doch parallel zur Sprache kümmert sich die Leiterin mit ihrem Team auch um menschliche Belange: „Wenn wir mitbekommen, dass eine Frau in Not ist, besorgen wir ihr einen Platz im Frauenhaus, wenn wir merken, dass jemand instabil ist, informieren wir den Krisendienst und, wenn es sehr wichtig ist, dann machen wir uns für die Frauen stark.“ Sie berichtet von dem afghanischen Mädchen, das in ihrer Heimat älter gemacht worden war, damit sie verheiratet werden konnte. Das Mädchen floh vor diesem Schicksal, doch war sie nun in Deutschland laut ihrer Dokumente zu alt für die Berufsschule. „Die junge Frau war am Boden zerstört. Darum haben wir uns um sie gekümmert, verschiedene Kontakte angerufen und schließlich einen Platz für das Mädchen gefunden“, sagt Nina Opitz lächelnd.

Jeder Einzelne im Team der Deutsch- und Integrationskurse hat Erfahrung im Ausland gesammelt und kennt die Schwierigkeiten und Herausforderungen, eine fremde Sprache zu lernen. „Je schwieriger die soziale Ausgangslage der Teilnehmenden, desto größer ist unser Respekt dafür, dass sie die Deutschkurse absolvieren“, sagt Opitz und erzählt von Schülern, die nach einem harten Tag körperlicher Arbeit auf der Baustelle mit Schuttstaub im Haar an vier Abenden pro Woche, 12 Monate lang in die Schule kommen, um Deutsch zu lernen. Sie sagt: „Diese Menschen leben teilweise zu acht in kleinen Pensionszimmern und schaffen es dennoch, Vokabeln zu büffeln, das ist eine echte Leistung!“

Freude, dass wir bei der Integration unterstützen konnten

Grundsätzlich wendet anderwerk die Methode „Von Lauten zu Buchstaben“ an. Nina Opitz deutet auf einen Blumenstrauß auf ihrem Bürotisch und sagt: „Wir merken an den Erfolgen und der Dankbarkeit der Teilnehmenden, dass das der beste Weg ist.“ Viele besuchen die Kurse fast eineinhalb Jahre lang. Gerade kam noch eine Mail herein: Herr Jawed hat ein vorbildliches Praktikum absolviert und nach Absprache mit unserem Werkstattmeister, sind wir zu dem Entschluss gekommen Herrn Rezai einen Ausbildungsplatz anzubieten. Wir würden uns freuen Herrn Jawed in unserem Team willkommen zu heißen. Ein Happy-End: „Faiz Jawed, einer unserer ganz besonders lieb gewonnenen Schützlinge, hat am Anfang auf Grund von Traumatisierung sehr große Schwierigkeiten gehabt“, erklärt Nina Opitz und fährt fort: „Er war über ein Jahr lang in Flüchtlingsklassen bei uns, musste  anfangs mehrmals die wiederholen, da er starke Konzentrationsstörungen hatte. Nun ist er angekommen.“ Mit vielen sei das gesamte Team so ein Stück des Weges gemeinsam gegangen und sie spürten immer wieder Freude, dass 90 Prozent die Prüfungen schaffen. Und gleichzeitig macht sich dann ein melancholischen Abschiedsschmerz breit – doch die Freude, dass sie diesen Menschen bei der Integration in Deutschland unterstützen konnten, überwiegt.

 

*Name von der Redaktion geändert