Quali, Realschule, Studium – es läuft einfach!

Erfolgsgeschichte aus dem Bereich ambulante Erziehungshilfen und anderschule

Eine Erfolgsgeschichte ist doch eine Erfolgsgeschichte, wenn es einfach läuft, oder? Manuel* war früher sehr aggressiv gegen sich selbst. Heute geht er Provokationen aus dem Weg. Flippt nicht mehr aus. Hat keine blutige Faust mehr.

Früher war er regelmäßig beim Therapeuten, nicht sehr gut in der Schule, musste eine Klasse wiederholen. Früher war er schlecht in Mathe, jetzt hat er eine zwei. In den letzten eineinhalb Jahren hat er seinen Hauptschulabschluss, den Quali und aktuell den Realschulabschluss nachgemacht. Früher fühlte er sich unter Druck, anderwerk habe ihn entspannt, sagt er.

Gemeinsam mit einem Teil seiner Familie kam Manuel mit 16 Jahren aus Argentinien nach Deutschland. Dort hatte er eine deutsche Schule besucht, deren Abschluss hier allerdings nicht anerkannt ist. Drei der acht Geschwister leben weiterhin in Argentinien beim Vater. Die Mutter war nach der Trennung vor zwei Jahren mit den anderen in ihre Heimatstadt München zurückgekehrt.

Die Bindung zu seinem Vater war und ist weiterhin sehr eng. „Wenn wir uns nicht im Videocall sehen, dann schicken wir uns Whatsapp“, sagt Manuel. Mit seinen 18 Jahren ist er sehr stark auf die Familien fokussiert, möchte eher ins Theater als in einen Club gehen. „In meiner Heimatstadt war die Kriminalität hoch. Das steckt immer noch in mir. Ich gehe nicht gerne nachts aus.“ Er vermeidet Gefahr in jeder Hinsicht.

anderwerk kann fördern und unterstützen

Seine zwei älteren Geschwister studieren hier in Deutschland BWL und Jura. Die Jüngeren besuchen eine Schule in Deutschland. Markus Weber, Sozialpädagoge bei den AeH von anderwerk sagt: „Seine Mutter hatte damals Hilfe bei uns gesucht, weil sie mit Manuel nicht mehr klarkam.“ Er habe vor Wut, in seiner Frustration gefangen, zu Hause mit der Hand eine Rigipswand eingeschlagen.

Markus Weber erklärt: „Sobald er sich ungerecht behandelt fühlte, wurde er gegen sich selbst aggressiv.“ Als Kind habe er den Kopf an die Wand geschlagen, als Teenager ‚nur noch‘ die Faust. Ihm fehlten einfach Möglichkeiten. Zufrieden fährt Markus Weber fort: „anderwerk kam zur rechten Zeit und wir können ihn fördern und auf seinem Weg unterstützen.“

Kaum sei er bei anderwerk gewesen, habe sich ein Schalter umgelegt. „Er saugt das Wissen auf wie ein Schwamm, liest Nietzsche und Hermann Hesse und ist nun auch in Mathe ein guter Schüler. Bei seiner Bewerbung zu seinem aktuellen Job konnten wir ihn ebenfalls unterstützen.“

Von seinen Zwängen ist er befreit

„In Argentinien habe ich mit dem Therapeuten nur geredet“ so Manuel. „Das hat mir nicht geholfen. Hier spielen wir Fußball, machen Ausflüge und kochen gemeinsam. Ich habe hier mehr Geduld gelernt“, sagt er. Als Beispiel erzählt er ein Erlebnis aus der Münchener U-Bahn: „Ich wollte letztes Jahr wie früher in meiner Heimat einem Behinderten im Rollstuhl helfen. Der Mann hat mich angefahren, dass ich ihn in Ruhe lassen soll. So etwas ist mir in München schon zwei Mal passiert. Ich bin dann einfach gegangen, früher wäre ich wütend geworden.“

In Argentinien war er wegen seiner Größe und hellen Hautfarbe aufgefallen. In Deutschland fällt er nicht auf. Markenkleidung lehnt er ab, kleidet sich eher unauffällig-konservativ. Sein Haarschnitt ist akkurat und wie Markus Weber berichtet, sei Manuel früher zwanghaft hygienisch und ordnungsliebend gewesen. „Um ihn davon abzulenken, habe ich manchmal seine Stifte durcheinander gebracht.“ Doch auch von diesen Zwängen ist Manuel inzwischen mehr oder weniger befreit.  

Fachabi und dann Studium – das schafft er sicher

Seine nächsten Schritte? Gerade hat er einen Job als Servicekraft in einer Personalagentur angefangen und hofft, dort auch soziale Kontakte zu knüpfen. Außerdem will er einem Fußballverein beitreten, denn in seiner Karate-Gruppe waren alle älter und teilweise bereits in Familiengründung. Noch in diesem Jahr will er in die Fachoberschule für Wirtschaft wechseln und mit Fachabitur abschließen. Dass er dieses bestehen wird, bezweifelt niemand in seinem Umfeld. Daran möchte er ein Studium an der LMU anschließen. Wahrscheinlich Jura. Ungerechtigkeit hat ihn schon immer gestört. Und sein Vater ist ihm in diesem Fachbereich ein Vorbild.

Markus Weber sagt: „Meine Kollegen und ich sind dankbar für Erfolgsgeschichten, wie Manuel. Manchmal läuft es einfach. Das muss auch sein.“

 

*Name von der Redaktion geändert.