Mirko ist ein Kämpfer
Erfolgsgeschichte aus dem Bereich BOJs
Mirko* raucht und trinkt nicht. Er ist ordentlich und stets pünktlich. Den Kindern ein Vorbild. Denn, was er selbst nicht hatte, möchte er den Kleinsten zurückgeben: Verständnis, Aufmerksamkeit und Selbstwertgefühl. Und auch den Blick für Lösungen: Seinen Schuldenberg hat er schon mal fast abgetragen. Sein Auftreten ist sympathisch. Und sein Ausbildungsplatz in greifbarer Nähe. Das alles hat er auch dank BOJs geschafft. Als Gleicher unter Gleichen, mit Gruppenangeboten und Trainings bei anderwerk.
„Mirko ist ein Kämpfer“, sagt Markus Weber, betreuender anderwerk-Sozialpädagoge. „Nur hat nie jemand an ihn geglaubt.“ Mirkos Eltern trennten sich, als er in die Pubertät kam. Er entschied sich bei seinem Vater zu leben, doch die Patchwork-Idee ging nicht auf. Die neue Familie harmonierte nicht und Mirko fühlte sich wie ein männliches Aschenputtel. „Sein Vater vermittelte ihm das Gefühl ‚Du bist nichts’, erzählt Markus Weber. Mirkos einziger Ausweg war, zu seiner Mutter zu ziehen. Sie war schwere Alkoholikerin. Mirko lebte mit ihr und litt unter ihrer Sucht. Um seine Mutter und seinen Stiefvater zu pflegen, brach er schließlich sogar die Schule ab. Schließlich war er an ihrer Seite als sie starb. Da war Mirko gerade mal 16 Jahre alt. Seitdem lebt er in einer Jugendeinrichtung.
Er war sein ganzes Leben mit Alkohol und Zigaretten konfrontiert. Deshalb hat er sich geschworen, nie zu trinken. Er lebt gesund und trainiert so oft es geht eine Jugendmannschaft. Fußball gehört zu seinem Leben, seit er denken kann. Wohin es aber beruflich gehen sollte, wusste er nicht.
Die BOJs-Gruppe hat ihm geholfen, zu reflektieren
Bei anderschule hatte er den Quali nachgemacht und dann eine Ausbildung als Garten- und Landschaftsbauer bei eine Einrichtung der Berufsbezogenen Jugendhilfe begonnen. Leider hatte Mirko Pech und die Einrichtung musste schließen. Wieder war anderwerk zur Stelle und organisierte ihm einen Platz bei BOJs, der neuen Berufsorientierung für junge Männer. Gemeinsam in der Gruppe wurde Mirko sich seiner Stärken, Schwächen und Prioritäten bewusst. BOJs ermutigte Mirko nach Lösungen zu suchen, anstatt auf das Problem zu starren. Ein praktischer Schritt war die Schuldnerberatung, die er annahm und so gezielt 10.000 Euro abbezahlten konnte, weil er vorher Geld für Marken und Produkte ausgegeben hatte, die er sich nicht leisten konnte.
Erfreulich ist, dass der heute 24-Jährige trotz seiner schwierigen Kindheit ein gesundes Selbstbewusstsein und einen stabilen Freundeskreis entwickelt hat. Markus Weber: „Bis er in unsere Gruppen kam, hatte Mirko nicht gelernt, über seine familiären Probleme zu sprechen.“ Er sei unreflektiert gewesen und habe eine Verliererhaltung ausgestrahlt. Bestimmte schulische Anforderungen bereiteten ihm kognitive Probleme: Zwar wagte er einen erneuten Anlauf in einem urbanen Gartenprojekt in Riem, das ihn zu einer Lehrstelle auf dem ersten Arbeitsmarkt als „GaLa“-Bauer führte. Doch nach einem Jahr brach er diese Lehre ab, weil er mit den lateinischen Namen der Pflanzen nicht zurechtkam.
Orientierung und Rollenverständnis
BOJs hat ihn während dieser Zeit begleitet. Markus Weber hatte als betreuender Sozialpädagoge mit ihm und der Gruppe Themen wie Lebensplanung, Gewalt, Angst und auch Gesundheit und Sucht besprochen. Als er seine Lehrstelle verlor, fing anderwerk Mirko in seiner Frustration auf. Er orientierte sich und konnte seinen Wunsch wieder ausgraben. Mithilfe von Markus Weber kam Mirko auf die Idee ein freiwilliges soziales Jahr in einem Kindergarten zu absolvieren: Schon sein ganzes Leben wollte er Kindern einen besseren Start ermöglichen, als er ihn selbst hatte. Jetzt ging er seinem Traum nach. Regelmäßig von 9 bis 15 Uhr besuchte er BOJs, schrieb dort zahlreiche Bewerbungen und übte in simulierten Rollenspielen Vorstellungsgespräche.
Zurzeit arbeitet er als einziger männlicher Erzieher in einem Kindergarten und nimmt damit eine besondere Rolle ein. Bei BOJs hatte er über seine eigene Kindheit reflektiert. „Wer bin ich als männliches Wesen?“ Im Gegensatz zu seinem Vater will er verständnisvoll sein. Auch hält er es für selbstverständlich, dass Jungs weinen, wenn sie enttäuscht sind. Und er findet auch, dass manche Mädchen besser Fußball spielen als Jungs.
Als Gleicher unter Gleichen
In der Gruppe mit jungen Männern bei BOJs, die ähnliche Probleme haben oder hatten wie Mirko, ist er weicher geworden. Offener und interessierter und vor allem damit auch sympathischer. Das wird ihm sicher helfen, einen Ausbildungsplatz und danach eine Festanstellung zu finden. Er geht seinen Weg und muss nun Dank BOJs nicht mehr kämpfen.
*Name von der Redaktion geändert.