Erlebnispädagogik: Lernen durch Waldabenteuer

Aktivitäten im Bereich „U-Turn“

Im Wald da sind – die Azubis! Sobald die neuen Auszubildenden starten, steht auch gleich die alljährliche Erlebnispädagogik-Fahrt an. In diesem Jahr erlebten und lernten die Jugendlichen Einiges!  

Praktisches Know-How als Lerneinheit

In den Jugendausbildungswerkstätten bei anderwerk nehmen Jungs und Mädels teil, die Schwierigkeiten haben beim Übergang von Schule zu Beruf. Sie sind ausbildungsreif, aber es mangelt oft an Konzentration, Selbstbewusstsein oder Frustrationstoleranz. Neben Theorie und Praxis vermittelt anderwerk in der Schreinerei und der Raumausstattung auch diese Fähigkeiten durch verschiedene Methoden. Damit sich die neuen Azubis gut in die bestehenden Teams integrieren, stand gleich zu Beginn des Ausbildungsjahres das Waldabenteuer an: Für drei Tage und Nächte ging es ab in die Wildnis. Ziel, der „WeltErlebnisWald“, der Forstliche Versuchsgarten Grafrath.

Organisator und Leiter der Fahrt Henry Ileka erklärt: „Wir sind eine wild gemischte Gruppe aus Deutschen und Migranten und bereiten uns alle gezielt auf den dreitägigen Ausflug vor. Dabei checken wir Anleiter auch für wen diese pädagogische Einheit geeignet ist. Bei einem Azubi haben wir uns gegen eine Teilnahme entschieden, weil wir eine Retraumatisierung befürchteten.“ Die Jugendlichen seien an diesen drei Tagen nämlich auf die wenigen Dinge angewiesen, die anderwerk für den Ausflug zur Verfügung stellt, erklärte Ileka weiter. Als einzige Lichtquelle diente das gemeinsame Lagerfeuer. Ein anderer Azubi dagegen nahm teil und sagte später: „Hätte ich das Know-How von hier schon früher gehabt, wäre manches in meinem Leben sicher leichter gewesen.“  

Erlebnispaedagogik

Zuhören, lernen oder Konsequenzen tragen

Grundsätzlich gehen die Anleiter davon aus, dass die Jugendlichen viel Potential mitbringen. Mit Ratschlägen und praktischen Hinweisen, fördern und fordern sie dieses nun: So stand als erstes der Feuerworkshop an. Denn an den bevorstehenden drei Tagen wurde ausschließlich auf der offenen Feuerstelle gekocht und der Wald nicht verlassen. Also war Feuer relevant für alle, die Hunger hatten und der war bei den Jugendlichen in der frischen Luft bereits riesig. Am meisten Erstaunen verursachte übrigens ein Tampon: „Ich verriet den Jungs und Mädels noch den Tampon-Trick“, so Ileka. Richtig vorbereiteter sei die Watte das beste Zündwerk.

„Die Jugendlichen machten super mit, denn sie wussten, tue ich es nicht, hat das Konsequenzen für mich“

Zum Schlafen standen Schlafsäcke und Planen zur Verfügung. „Ich hatte der Gruppe erklärt, dass es ratsam wäre, den Eingang jeweils nicht in Richtung Nord-West auszurichten, da von dieser Richtung der Regen käme“, berichtet Henry Ileka. „Naja – einer dachte, es sei nicht so wichtig, was ich da erzähle. Was soll ich sagen – in der zweiten Nacht hat es geregnet und er sagte dann zu mir ‚Mann, hätte ich mal auf Dich gehört.“

Darauf einlassen und lernen

Dadurch, dass sich im Wald jeder in einem ungewohnten Rahmen bewegt, fördert anderwerk grundlegende Prozesse wie Lernbereitschaft, Reflexionsfähigkeit, Kommunikation und Verantwortungsübernahme. Ein Novum war in diesem Herbst, dass beide Ausbildungswerkstätten (Schreinerei und Raumausstattung) gemeinsam unterwegs waren. Während Schreinermeister Klaus Haas also einen Schnitzworkshop veranstaltete, bot Raumausstatterin Nicole Maier einen Paracord-Workshop an. Erst nahmen die Gruppen entsprechend ihrer Ausbildung teil, dann wurde getauscht und die Raumausstatter-Azubis schnitzten sich Löffel, während die angehenden Schreiner Armbänder knüpften. Ein super Erfahrungsaustausch für beide Gruppen.

Die drei Tage vergingen aufgrund der abwechslungsreichen Programmgestaltung und der sehr guten Kooperation mit dem Team des WeltErlebnisWaldes, sehr schnell. Highlight war für die meisten die nächtliche Gruseltour durch den Wald: Einzig von Mond und Sternen beleuchtet, machten sich alle auf eine Nachtwanderung, begleitet von Hexengeschichten … Als Orientierung dienten des tags angebrachte Klicklichter an einzelnen Bäumen. Initiiert und vorbereitet hatte die Wanderung übrigens die anderwerk-Praktikantin unterstützt von zwei motivierten Jugendlichen.

Als Resümee bleibt: Hingefahren waren einzelne Jugendliche mit wenig Wissen über den Wald und das praktische Leben. Zurück kam eine zufriedene, selbstbewusste Gruppe bei denen trotz der Freude auf eine baldige warme Dusche, ein wenig Wehmut aufkam, dass es schon wieder vorbei war.